Expertenwissen zu Digitalisierung & Automatisierung von Geschäftsprozessen
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Themen: Rechnungsverarbeitung | Cloud | GoBD
Nachdem die Neufassung vom 11. Juli 2019 zurückgerufen wurde, hat das Bundesministerium der Finanzen am 28. November 2019 eine neue Version der GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) veröffentlicht. In dieser aktualisierten Auflage wurden einige Punkte genauer erklärt bzw. vereinfacht. Das haben wir zum Anlass genommen, die GoBD genauer unter die Lupe zu nehmen: Wie sieht es mit dem Thema Buchführung – insbesondere der Rechnungsverarbeitung – in der Cloud aus?
Zwei der Themenfelder, auf die die GoBD in der neuen Version genauer eingehen, sind die Digitalisierung von Dokumenten und die Konvertierung von Dateiformaten im Bearbeitungsprozess von Dokumenten. Mit diesen beiden Themen möchte ich mich hier ebenfalls befassen, da sie besonders relevant für die Eingangsrechnungsverarbeitung sind.
Bereits in der alten Version der GoBD war der Hinweis enthalten, dass die Umwandlung von elektronischen Handels- oder Geschäftsbriefen und Buchungsbelegen in ein anderes Format zulässig ist, wenn bestimmte Anforderungen dabei erfüllt werden. Es mussten dennoch beide Formate archiviert werden. Die neue Fassung der GoBD beinhaltet die Möglichkeit der ersetzenden Konvertierung: Es müssen – wieder vorbehaltlich der Erfüllung bestimmter Anforderungen – nicht mehr beide Formate aufbewahrt werden.
Der Punkt 9.3 der alten Version der GoBD befasste sich explizit mit dem Scannen von Papierdokumenten. In der neuen Version ist dagegen von „bildlicher Erfassung“ die Rede. An einer Neuerung in den Abschnitten 9.2 und 9.3 wird auch deutlich, warum diese Formulierung wahrscheinlich geändert wurde: Jetzt wird auch explizit das Smartphone neben Multifunktionsgeräten oder Scan-Straßen als Möglichkeit zur Digitalisierung von Dokumenten in Papierform genannt.
In der Neufassung der GoBD kommt das Wort „Cloud“ erstmalig vor. In der alten Version war zwar auch schon die Rede von einer möglichen technischen Auslagerung von Buchführungs- und Aufzeichnungsaufgaben an Dritte und als Beispiel wird das Rechenzentrum genannt – der Begriff „Cloud“ fiel aber nicht.
Die neue Version der GoBD erläutert dagegen direkt im ersten Punkt: "Ebenfalls kommt es nicht darauf an, ob die betreffenden DV-Systeme vom Steuerpflichtigen als eigene Hardware bzw. Software erworben und genutzt oder in einer Cloud bzw. als eine Kombination dieser Systeme betrieben werden." - Bundesministerium der Finanzen
Somit ist die Nutzung der Cloud, zum Beispiel für die Rechnungsverarbeitung, aus Sicht der GoBD grundsätzlich zulässig.
Natürlich ist das kein Freifahrtschein. Alle Anforderungen, die ein lokal installiertes und betriebenes System erfüllen muss, gelten ebenso für eine Cloudlösung. Auf einen ganz wesentlichen Punkt für die Nutzung vieler Cloudanwendungen geht die neue Fassung der GoBD jedoch nur in einem Nebensatz ein: die Standortfrage.
Im Punkt 9.3 zur bildlichen Erfassung sagt die neue Version: "Erfolgt im Zusammenhang mit einer, nach §146 Absatz2a AO genehmigten, Verlagerung der elektronischen Buchführung ins Ausland eine ersetzende bildliche Erfassung, wird es nicht beanstandet, wenn die papierenen Ursprungsbelege zu diesem Zweck an den Ort der elektronischen Buchführung verbracht werden." - Bundesministerium der Finanzen
Damit wird erstmalig explizit auf den 2. Absatz von §146 der Abgabenordnung verwiesen, der besagt: "Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu führen und aufzubewahren." - Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Eine Einschränkung dazu folgt im Absatz (2a): "Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann die zuständige Finanzbehörde auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen bewilligen, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes geführt und aufbewahrt werden können." - Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Das heißt, die elektronische Rechnungsverarbeitung im Ausland ist unter der Einhaltung gewisser Vorgaben ebenfalls zulässig – muss aber vorab bei der zuständigen Finanzbehörde beantragt und von dieser genehmigt werden.
Wenn wir den Blick auf Cloudlösungen richten, kann daraus ein Hindernis werden: Viele Cloudprovider nutzen weltweit verteilte, vernetzte Rechenzentren und können daher gar nicht mit Bestimmtheit sagen, welche Daten sich wo genau physisch befinden. Der Standort muss aber beim Antrag an die Finanzbehörde zur Auslagerung angegeben werden.
Und auch mit einem Anbieter, der garantiert, dass die Daten in der EU verbleiben, sind deutsche Unternehmen noch nicht auf der sicheren Seite: Die Abgabenordnung entstammt nicht der EU-Ebene und gilt daher nur für Deutschland. Somit ist auch eine Auslagerung der Rechnungsbearbeitung in einen anderen EU-Staat bereits genehmigungspflichtig.
Dieser Artikel gibt die persönliche Meinung der Autorin wieder, ohne Gewähr auf Richtigkeit oder Vollständigkeit der Inhalte.