Expertenwissen zu Digitalisierung & Automatisierung von Geschäftsprozessen
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Themen: E-Rechnungspflicht | E-Invoicing
Aktualisiert am 13.12.2022
Das EU-Parlament hat im März 2022 die EU-Kommission beauftragt die schrittweise Einführung einer umfassenden E-Rechnungspflicht zu prüfen. Der daraus resultierende Richtlinienentwurf wurde am 08. Dezember 2022 veröffentlicht und sieht vor, zumindest für grenzüberschreitenden Handel, in Europa die E-Rechnung verpflichtend zu machen. Werden damit die deutschen Vorhaben zur verpflichtenden E-Rechnung möglicherweise überholt?
Im Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien im November 2021 angekündigt, ein bundesweit einheitliches, elektronisches Meldesystem für Rechnungen einzuführen. Das Ziel dieses Meldesystems ist es, den Umsatzsteuerbetrug in Deutschland einzudämmen (Hier geht’s zum ausführlichen Blogartikel über den Koalitionsvertrag zur E-Rechnung).
Die Einführung soll „schnellstmöglich“ geschehen – wobei zu bedenken ist, dass Gesetzgebungsprozesse in Deutschland Monate bis Jahre dauern können. Der zeitliche Rahmen für die Einführung einer umfassenden E-Rechnungspflicht ist also noch nicht konkret gesteckt.
Jetzt kommt von anderer Seite Bewegung ins Thema: Das EU-Parlament hat die EU-Kommission beauftragt, sich mit den Themen Realtime-Reporting sowie einer möglichen EU-weiten Verpflichtung zur E-Rechnung zu beschäftigen. Unter dem Stichwort ViDA ("VAT in the Digital Age“), sind daraus im Dezember der Entwurf für eine EU-Richtlinie hervorgegangen sowie der Vorschlag für eine korrespondierende EU-Verordnung. Ob, wann und wie diese Vorschläge umgesetzt werden, ist noch nicht gewiss – aber es scheint zumindest aktuell so, als wäre die EU schneller als die deutsche Gesetzgebung.
Bei dieser Initiative der EU ist eines der explizit genannten Ziele die Reduzierung der sogenannten Mehrwertsteuerlücke (VAT Gap). Wie auch im deutschen Koalitionsvertrag hat sich also die Perspektive auf die E-Rechnung geändert: Vom Baustein der Digitalisierung hin zum Werkzeug, um den Umsatzsteuerbetrug einzudämmen.
Ein Blick auf die Zahlen erklärt, warum die Eindämmung des Umsatzsteuerbetrugs so eine starke Motivation ist. Italien hat in 2019 ein verpflichtendes Meldesystem inkl. E-Rechnung eingeführt und damit bereits im ersten Jahr rund 3,5 Mrd. Euro zusätzliche Steuereinnahmen generiert. Dadurch ist die Mehrwertsteuerlücke in Italien auf 30,1 Mrd. Euro in 2019 gesunken, in 2020 lag der Wert bei 26 Mrd. Euro (Mehr zu den Erfahrungen mit der E-Rechnung in Italien lesen Sie in diesem Blogartikel).
Deutschland hatte im Jahr 2020 eine Mehrwertsteuerlücke von 11 Mrd. Euro. Es lässt sich erahnen, welche absoluten Zahlen sich auch in Deutschland durch die Einführung eines digitalen Meldesystems inkl. E-Rechnung erzielen ließen. Auf die gesamte EU gesehen ist das Potenzial noch größer, dort betrug die VAT Gap in 2020 nämlich sogar 93 Mrd. Euro.
Damit erklärt sich, warum die umfassende E-Rechnungspflicht als Baustein eines digitalen Realtime-Reportings sowohl von der EU als auch von Deutschland forciert und somit immer wahrscheinlicher wird.
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