Expertenwissen zu Digitalisierung & Automatisierung von Geschäftsprozessen
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Themen: Rechnungsverarbeitung | E-Invoicing
Die öffentliche Verwaltung ist Vorreiter beim Empfang von elektronischen Rechnungen – das hat der kürzlich veröffentlichte Bitkom Digital Office Index 2020 bestätigt. Das deckt sich mit unseren Erfahrungen: Eine Vielzahl der öffentlichen Auftraggeber ist inzwischen in der Lage, elektronische Rechnungen, z.B. im Format XRechnung, anzunehmen und zu verarbeiten.
Viele unserer Kunden hatten ihre Einführungsprojekte sogar deutlich vor der finalen Deadline im April abgeschlossen, die sich aus der EU-Richtlinie 2014/55/EU ergeben hat. Diese öffentlichen Auftraggeber, die gut im Zeitplan waren und bereits seit einigen Monaten in der Lage sind, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu verarbeiten, haben vor allem eine Erfahrung gemacht: Der Annahme von XRechnungen steht eigentlich nur noch im Wege, dass die Lieferanten keine schicken.
Genau diesen Punkt adressieren wir in diesem Blogartikel: Wie können Sie Ihre Lieferanten motivieren, Rechnungen im Format XRechnung zu senden? Und welche gemeinsamen Spielregeln sollten Sie vereinbaren, um den Einstieg so einfach wie möglich zu machen?
Digitale Rechnungen sind im B2B-Geschäft bereits weit verbreitet. Das gängigste Format ist dabei die per E-Mail versendete PDF-Datei, wie sich auch anhand der Ergebnisse unserer Kundenumfrage aus dem vergangenen Jahr zeigte: Nur 4% Umfrageteilnehmer haben 2019 angegeben, dass sie keinerlei Rechnungen im PDF-Format annehmen. Bei den meisten (68%) liegt der Anteil der per E-Mail eingehenden PDF-Rechnungen zwischen 10-50%. Das Format ist also zwar noch nicht vorherrschend, aber doch weit verbreitet.
Maschinenlesbare Dokumente im XML-Format, wie die XRechnung, sind dagegen auch in der freien Wirtschaft noch nicht sehr weit verbreitet. 94% der Umfrageteilnehmer gaben an, dass sie keinerlei Rechnungen in einem maschinenlesbaren Format erhalten.
Wenn Sie als öffentlicher Auftraggeber also an Ihre Lieferanten mit dem Wunsch nach elektronischen Rechnungen herantreten, sollte die digitale Übertragungsweise an sich nicht das Problem sein. Die Lieferanten sind den Umgang mit diesen gewohnt und kennen bereits die Vorteile – von gesparten Druck- und Portokosten bis hin zu einer schnelleren Übermittlung der Dokumente.
Die Herausforderung, die sich ergibt, wird eher das maschinenlesbare Format sein. Damit sind die meisten Lieferanten noch nicht vertraut. Daher macht es Sinn, wenn Sie Ihre Lieferanten darüber umfassend informieren und gemeinsame Spielregeln definieren, sodass die XRechnung für beide Seiten Spaß macht!
Sie haben nicht die gleichen Geschäftsbeziehungen zu allen Ihren Lieferanten. Von einigen beziehen Sie regelmäßig Waren und Dienstleistungen, von anderen nur unregelmäßig oder sogar nur einmalig. Außerdem sind auch nicht alle Ihre Lieferanten gleich aufgestellt, es gibt größere und kleinere, mit mehr oder weniger umfassender technischer Ausstattung.
Das sollten Sie auch berücksichtigen, wenn es um die XRechnung geht. Für kleine Lieferanten, die in den operativen Geschäftsprozessen noch wenig automatisiert arbeiten und die Ihnen auch nur selten oder einmalig Rechnungen schicken, kann daher eine Portallösung sinnvoll sein. Dort kann Ihr Lieferant die Rechnungsinformationen selbständig eingeben und darüber eine XRechnung erzeugen und an Sie senden.
Für mittlere und größere Lieferanten, die regelmäßig Rechnungen an Sie als öffentlichen Auftraggeber schicken, wird die manuelle Dateneingabe in einem Webportal wahrscheinlich nicht die präferierte Lösung sein, denn der Aufwand ist zu hoch.
Genau diese Lieferanten, von denen Sie regelmäßig Rechnungen erhalten, sollten Sie als erstes angehen und dabei unterstützen, XRechnungen an Sie zu versenden. Dort schlummert nämlich das größte Optimierungspotenzial, auch für Sie als Rechnungsempfänger.
Für Lieferanten, die Ihnen XRechnungen automatisiert zusenden möchten, sollten Sie Antworten auf zentrale Fragen bereithalten. Das vereinfacht den Einstieg in die XRechnung für den Lieferanten deutlich. Und auch Sie profitieren davon, wenn Rückfragen reduziert werden und alle XRechnungen einheitlich eingehen. Folgende neun Fragen sollten Sie beantworten können:
Wie lautet die E-Mail-Adresse, an die XRechnungen versendet werden sollen? Ist es dieselbe Adresse wie für z.B. PDF-Rechnungen, oder gibt es eine separate Adresse?
Wie wird mit Anlagen, wie rechnungsbegründenden Unterlagen, umgegangen? Diese können sowohl in die XML-Datei eingebettet sein als auch ein zusätzlicher E-Mail-Anhang. Haben Sie einen bevorzugten Weg oder lassen Sie beides zu?
Dürfen mehrere Rechnungen an eine E-Mail angehängt werden oder soll jede Rechnung in einer separaten E-Mail versendet werden?
Gibt es beim E-Mail-Versand für die Anlagen eine Namenskonvention? Muss z.B. der Bestandteil „Rechnung“ immer im Dateinamen der Rechnung vorkommen und „Anlage“ im Dateinamen der Anlage?
Bieten Sie auch eine Upload-Möglichkeit für bereits erzeugte XRechnungen an? Oder können XRechnungen im Portal nur durch manuelle Dateneingabe erzeugt werden?
Wie ist Ihre Leitweg-ID für die Feinadressierung?
Ist XRechnung Ihr bevorzugtes Format? Oder präferieren Sie andere Formate, z.B. ZUGFeRD?
Welche Versionen unterstützen Sie? Die neueste Version von ZUGFeRD wurde im Juli veröffentlicht, von der XRechnung gibt es aktuell auch alle 6 Monate neue Versionsstände
Welche besonderen Angaben sollen in welches Feld? Eine XRechnung zum Beispiel hat rund 200 Felder. Für viele davon sind die Inhalte definiert, einige sind aber auch als Freitextfelder gedacht. Die Inhalte dieser sollten Sie mit Ihren Lieferanten abstimmen. Konkretes Beispiel: Soll die Information „Leistungszeitraum“ in das Feld „Bemerkung zur Rechnung“?
Diese 9 Fragen werden wahrscheinlich nicht alle Rückfragen von Ihren Lieferanten komplett vermeiden. Sie sollen Ihnen aber als Hilfestellung dienen, um aktiv auf Ihre Lieferanten zugehen zu können und diesen die Einführung der XRechnung so leicht wie möglich zu machen, damit Sie und Ihre Lieferanten voll und ganz vom digitalen Rechnungsaustausch profitieren können.