Expertenwissen zu Digitalisierung & Automatisierung von Geschäftsprozessen
Expertenwissen zu Digitalisierung & Automatisierung von Geschäftsprozessen
Themen: Digitalisierung | Einkauf | Lieferantenportal | Procure-to-Pay
Viele Einkaufsabteilungen nutzen bereits Bewertungssysteme für ihre Lieferanten, um eine jeweils passgenaue Betreuung sicherzustellen. Ganz konkret heißt das, die Lieferanten werden nach Kriterien wie Einkaufsvolumen, Anzahl der Bestellungen, strategischer Wichtigkeit, etc. in Kategorien aufgeteilt und priorisiert. Das ist die typische A-B-C-Analyse von Lieferanten.
Für diese Einteilung gibt es geläufige Richtwerte. Der wahrscheinlich bekannteste ist das Pareto-Prinzip. Angewendet auf den Einkauf heißt das: Die 20% Top-Lieferanten machen 80% des Einkaufsvolumens aus. Hierbei handelt es sich nur um eine Daumenregel. Die genaue Verteilung unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen. Dies hängt von zahlreichen Faktoren wie Branche, Marktumfeld, Geschäftsmodell usw. ab. Das Einkaufsvolumen kann gleichmäßiger verteilt oder die Abgrenzung noch deutlicher ausgeprägt sein.
So oder so: In jedem Unternehmen gibt es eine kleine Gruppe von Top-Lieferanten (Kategorie A), ein gewisses Mittelfeld (Kategorie B) – und eine große Gruppe an C-Lieferanten. Bei diesen platzieren Sie nur unregelmäßig oder sogar nur einmalig eine Bestellung.
Dieser Rattenschwanz, man spricht daher auch von „Long-Tail-Lieferanten“, ist nicht nur zahlenmäßig groß, sondern verursacht auch einen überproportional hohen Aufwand pro Bestellvorgang. Ein Beispiel dafür: Die Lieferantenanlage, z.B. das Hinterlegen der Stammdaten im ERP-System, muss in jedem Fall erfolgen, unabhängig davon, wie viele Geschäftsvorgänge mit dem Lieferanten folgen werden. Wenn die Anzahl der Rechnungen von einem Lieferanten also gering ist, vielleicht sogar nur einmalig eine Rechnungsstellung erfolgt, fällt dieser Aufwand im Verhältnis gesehen mehr ins Gewicht, als wenn der Lieferant regelmäßig Rechnungen schickt. Ein anderes Beispiel, das im gewissen Sinne auch mit dem Onboarding eines Lieferanten zusammenhängt: Häufig gibt es Rückfragen am Anfang einer Geschäftsbeziehung. Wenn nach dem Austausch einiger Bestellungen und Rechnungen die Vorgänge zwischen Ihnen und Ihrem Lieferanten eingespielt sind, geht der Klärungsbedarf in der Regel gegen Null.
Die Zusammenarbeit mit dem Long Tail der C-Lieferanten ist also prädestiniert für Standardisierung und Automatisierung: Die Anzahl dieser ist zum einen groß und zum anderen ist der Aufwand pro Bestellvorgang überproportional. Um die Zusammenarbeit mit diesen Lieferanten zu optimieren, sehen wir 3 zentrale Ansatzpunkte und das sind unsere Tipps dazu:
Die Anlage eines neuen Lieferanten in Ihrem ERP-System ist immer ein gewisser Aufwand. Um diesen möglichst gering zu halten, müssen die erforderlichen Informationen dazu vorliegen: vollständig, möglichst in einem einheitlichen Format, am besten direkt digital. Das lässt sich zum Beispiel dadurch lösen, dass Sie Ihren Lieferanten eine Webplattform zur Verfügung stellen, über die diese selbst ihre Daten digital bereitstellen können. Formulare sorgen dabei für Standardisierung, Pflichtfelder für Vollständigkeit. So bereiten Sie die Anlage der Stammdaten optimal vor. Im Idealfall ist nur noch ein Klick Ihrerseits zur Freigabe erforderlich, der Rest läuft automatisiert.
Bei einmaligen und Gelegenheitslieferanten sind Rückfragen häufiger, sowohl von Seiten des Lieferanten als auch von Ihnen. Genau diese Rückfragen sind es, die Aufwand im Einkaufsprozess bedeuten und die Abläufe unnötig ausbremsen. Wenn die Informationen, die Sie im Zuge dieser Kommunikation mit dem Lieferanten ausgetauscht haben, nicht zentral und schnell einsehbar für alle Beteiligten vorliegen, verkompliziert das den Prozess noch weiter.
Eine Lösung dafür kann eine digitale Einkaufsakte sein, die alle beschaffungsrelevanten Informationen für Einkauf, Buchhaltung und Fachabteilung in Ihrem Unternehmen zusammenfasst und übersichtlich darstellt. Ein anderer, beziehungsweise ergänzender Ansatz kann eine Portallösung sein, über die die komplette Kommunikation mit den Lieferanten gebündelt und bereits 100%ig digital abläuft.
Mehrere Studien haben sich in den letzten Jahren damit beschäftigt, wie groß das Einsparpotenzial durch die Nutzung von elektronischen statt von Papierrechnungen ist. Abhängig von der Perspektive (Sender oder Empfänger?), dem Verständnis von E-Rechnung (nur digital, z.B. PDF-Format, oder direkt maschinenlesbar?) und der Frage, ob gleichzeitig auch die Prozesse optimiert werden, fallen die Ergebnisse unterschiedlich aus. Die verschiedenen Studien haben aber gemeinsam, dass sie ein durchaus signifikantes Einsparpotenzial sehen, Werte zwischen 30-80% werden als realistisch angegeben.
Das ist auch nicht verwunderlich: Wenn Dokumente bereits digital eingehen, sparen Sie den Arbeitsschritt der Digitalisierung. Wenn die Daten direkt in einem maschinenlesbaren Format vorliegen, sparen Sie darüber hinaus auch den Arbeitsschritt der Dateneingabe bzw. -extraktion.
Daher sollten Sie Ihren Lieferanten auf jeden Fall die Möglichkeit geben, Dokumente im P2P-Prozess bereits digital an Sie zu übergeben. Die einfachste Umsetzung ist ein dediziertes E-Mail-Postfach für eingehende Rechnungen. Wenn Sie auch die Schritte davor (Bestellung, Auftragsbestätigung, Lieferavis) digital vereinheitlichen wollen, empfiehlt es sich, ein Webportal für Ihre Lieferanten anzubieten.
Diese drei Schritte – das Onboarding standardisieren, die Kommunikation zentralisieren und den Dokumentenaustausch digitalisieren – sind wichtige Bausteine, um die Zusammenarbeit, insbesondere mit C-Lieferanten, effizienter zu gestalten. Das nützt Ihnen und Ihren Lieferanten. Durch schnellere Bearbeitung können Lieferanten schneller bezahlt werden. Gleichzeitig werden Sie im Arbeitsalltag entlastet und können durch Standardisierung bei C-Lieferanten mehr Fokus auf strategisch wichtige A-Lieferanten legen.